Ananas Tepache

Denk' ich an Deutschland, denk ich an Kraut – in Mexiko wird Tepache gebraut. Sie denken, ich hätte zu tief ins Glas geschaut? Kann sein, doch wenn dann nur im Dienste dieser Kolumne! Für Tepache gibt man ganz einfach Ananas und wenig Zucker mit Wasser in ein Glas und wartet ab. Nach ein paar Tagen schäumt das Gebräu und schmeckt erfrischend fruchtig-säuerlich-süß, nach ein oder zwei Wochen bildet sich etwas Alkohol und noch später Essig. Tepache ist wie das Leben, jede Phase bietet andere Freuden. Selbst den Essig kann man genießen, um zum Beispiel Chilischoten darin einzulegen. Mich interessiert vor allem das alkoholfreie Erfrischungsgetränk. Doch falls ich die Fermentation falsch einschätze, kann das Experiment eben trotzdem kaum misslingen.

In Mexiko verkauft der »vendedor de tepache de piña« sein Getränk vom Dreirad auf der Straße. Angeblich wird es oft auch in Gefängniszellen gebraut. Die leicht fermentierten Ananasstücke schmecken genauso gut wie das Getränk, zum Besipiel klein gehackt in BBQ-Dips oder in Salaten. Doch Schalen sind für das Aroma wichtiger als das Fruchtfleisch. Man kann also einfach die Schalen von zwei Ananas verwenden und mehr Zucker zugeben, um den geringeren Fruchtzuckeranteil auszugleichen. So macht es der mexikanische vendedor. Wichtig sind in jedem Fall eine unbehandelte Ananas-Schale und ein aromatischer Zucker. Das kann Rohrohrzucker oder Muscovadozucker sein, authentisch wäre Piloncillo, ein kleiner Zuckerhut aus stark eingekochter unraffinierter Melasse. Gibt es zum Beispiel hier.

Wenn deutsches Sauerkraut reift, sind übrigens die gleichen Bakterien aktiv – das Ergebnis ist in beiden Fällen sehr gesund. Doch die Assoziationen sind anders. Schon die spanischen Worte rund um Tepache klingen freundlich und sommerlich, auch wenn sie ganz schlicht die förderlichen Wirkungen der Milchsäuregärung auf unsere Darmflora beschreiben: »Tepache es restauradora de nuestra biodiversidad de microorganismos que resultan beneficiosos para las defensas y la digestión.« Salud!

Ananas-Tepache

Für 2 Personen
1 reife Bio-Ananas
50 g Ingwerwurzel
1 TL Pimentkörner
100 g mexikanischer Piloncillo oder Rohrohrzucker
2 l Wasser

Die Ananas waschen und achteln, Strunk und Blätter entfernen. Die Spalten quer in fingerdicke Stücke schneiden – bei einer Bio-Ananas kann die Schale dran bleiben, sie liefert dann zusätzliches Aroma. Konventionell angebaute Ananas vorher schälen. Ingwer ebenfalls waschen und in möglichst dünne Scheiben schneiden. Pimentkörner leicht quetschen. Den Piloncillo mit einem schweren Messer oder mit einem Fleischklopfer zerkleinern. Alles zusammen mit Zucker und Wasser in zwei große Einmachgläser füllen, nicht bis zum Rand füllen, damit bei der Gärung nichts überschäumt. Die Öffnung mit einem Deckel lose verschliessen oder mit einem Stück Stoff bedecken, den Stoff mit Gummiband fixieren.

Einen oder zwei Tage auf ein sonniges Fensterbrett stellen. Sobald die Fermentation beginnt und sich die ersten Bläschen bilden aus der Sonne nehmen und bei Raumtemperatur noch ein paar Tage weiter gären lassen. Zwischendurch probieren – wenn die Säure angenehm ist, den aufsteigenden Schaum und den weißen Belag abschöpfen. Das sind völlig harmlose Kahmhefen – wer sie reduzieren oder vermeiden will, kann die Tepache entweder in einem Gefäß mit Gärverschluß fermentieren oder einfach ein Gewicht auf die Ananasstückchen legen, so dass sie vollständig von Flüssigkeit bedeckt bleiben.

Tepache samt Ananasstückchen in den Kühlschrank stellen. Dort hält es sich gut ein bis zwei Wochen und auch danach wird es höchstens ein wenig saurer als geplant. Tepache abgiessen, dabei die Stückchen aufheben und für Salate oder Dips verwenden. Ananas-Tepache auf Eis servieren, nach Geschmack und Reifezustand nachsüßen – mein Grundrezept enthält eher wenig Zucker, in Mexiko wäre die Menge mindestens doppelt so hoch. Mit einem Schuss Mezcal oder Pitu oder Rum wird es ein erfrischender Sommer-Longdrink.